„Im Sperrgebiet“

erschienen in Berliner Zeitung, am 24. September 2015

„Mit Internetsperren kennt sich Marina Litwinowitsch aus. Die Frau mit den kurzen blonden Haaren ist das Gesicht der Initiative ‚Wahrheit von Beslan‘ (pravdabeslana.ru), die übers Internet bekannt geworden ist. Das Projekt arbeitet das Geiseldrama in der nordossetischen Stadt Beslan öffentlich auf. Dort, im Nordkaukasus, nahmen Terroristen vor elf Jahren mehr als 1000 Geiseln in einer Schule. Es endete in einer Tragödie. Mehr als 300 Menschen wurden getötet, darunter 186 Kinder. Verhandlungsverlauf und Sturm durch die Spezialkräfte werfen für Litwinowitsch schwerwiegende Fragen nach einer möglichen Mitschuld der Behörden und von Präsident Wladimir Putin auf. ‚Wenn die Webseite nicht erreichbar ist, erfahre ich das meist von den Nutzern‘, sagt sie. Nicht jedes Mal werde sie offiziell informiert. (…)“
Was Extremismus ist – besser: was es für die russischen Behörden sein soll, das kann man an der Bloggerin Marina Litwinowitsch sehen. Sie setzt sich für die lückenlose Aufklärung des Geiseldramas von Beslan ein. Ihre Webseiten werden regelmäßig gesperrt. Anlässe gibt es inzwischen genug, die herangezogen werden können. Der Text wirft einen Blick auf den Sperr-Alltag und auf das, was dem russischen Internet erst noch bevorstehen könnte. Denn es gibt immer neue Gesetze und immer neue Ideen für weitere Gesetze.