„Wie Putin uns auseinander bringt“
erschienen auf blzonline, am 16. Oktober 2014
„Ob sie jetzt von den Europäern gehasst würden. Sie, die Russen, seien doch jetzt die Bösen, sagt eine Familie, die ich in Moskau besuche. Wir sitzen zu viert in der Küche und trinken Tee. Der Satz klingt nach, bis heute. Er ist der oberflächliche Ausdruck eines tiefen Risses zwischen uns. Und den ich auch in Deutschland spüre, noch Wochen nach der Rückkehr aus meinem Sommer in Russland. Es gibt ein neues Lagerdenken zwischen Ost und West – genährt vom Krieg.“
Dass die Russen sich vom Westen nicht mehr respektiert fühlten und fühlen, das kann ich verstehen. Dass sie sagen, die NATO-Ostererweiterung sei eine Bedrohung für sie, das kann ich verstehen. Da war und bin ich immer bei den Menschen in Russland. Wladimir Putin hat es geschafft, diese Stimmungslage in Zustimmung für seine Gewaltpolitik gegen die Ukraine umzumünzen. Dass viele aus einer tiefen Kränkung heraus allerdings zu ihm halten, andere, weil sie der Propaganda glauben, geht mir da einfach nicht in den Kopf. Und das trennt uns alle mittlerweile voneinander – nicht nur mich von Menschen in Russland, auch uns alle untereinander, die wir in Streit über sein Vorgehen entbrennen. Wie es in Moskau und St. Petersburg für mich zu erleben war, habe ich hier notiert. Wichtig ist mir zu sagen: Russland ist immer eine Reise wert. Auch heute, oder besser: Gerade auch jetzt. Die Bande darf nicht abreißen.